Abstract
Larynxkarzinome sind die häufigsten Karzinome des oberen Aerodigestivtraktes. Im frühen Stadium sind sie überwiegend im Bereich der Stimmlippen lokalisiert. Diese Tumoren werden im Gegensatz zu den supraglottischen Karzinomen frühzeitig symptomatisch. Die operative Therapie des Kehlkopfkarzinoms und seiner Vorstufen stellt an den Larynxchirurgen hohe Ansprüche. Neben dem kurativen Aspekt einer Behandlung sollte die Erhaltung der grundlegenden Kehlkopffunktionen, wie Atmung, verbale Kommunikation und Aspirationsschutz beim Schluckakt, berücksichtigt werden. Um diese Erwartungen zu erfüllen, verbindet das moderne Prinzip der Phonochirurgie des Kehlkopfes onkologische mit funktionserhaltenden Anforderungen unter Verwendung fortschrittlicher mikrochirurgisch laryngoskopischer Techniken. Hierbei trägt eine möglichst genaue prä- und perioperative Diagnostik mit Einschätzung der Flächenausdehnung und des Schweregrades des Ausmaßes der Läsion und Bestimmung der Tumorgrenzen wesentlich zu dem Konzept der funktionserhaltenden Chirurgie maligner Kehlkopfveränderungen bei. In diesem Zusammenhang erlangte die Autofluoreszenzdiagnostik in den letzten Jahren eine zunehmende Bedeutung. Erste experimentelle Fluoreszenzuntersuchungen an Tumorgewebe wurden bereits 1924 von Policard [ 1 ] unter Verwendung der Wood-Lampe durchgeführt. Jahrzehnte später wurde die Methode wieder aufgegriffen und Alfano [ 2 ] führte 1984 erstmalig spektroskopische Autofluoreszenzuntersuchungen zur Unterscheidung von gutartigem und malignem Gewebe durch. Die für jedes Gewebe charakteristischen Fluoreszenzeigenschaften resultieren im Wesentlichen aus dem Gehalt fluoreszierender Moleküle und durch unterschiedliche Gewebsstrukturen. Veränderungen der gewebstypischen Fluoreszenz können vielfache Gründe haben und sind letztlich noch nicht vollständig aufgeklärt. Ursachen sind eine Verdickung des Epithels sowie ein veränderter Metabolismus, aber auch eine vermehrte Durchblutung und Einwandern von Entzündungszellen. Das in unserer Studie verwendete D-Light AF-System (Fa. Storz, Tuttlingen) mit seinem schmalbandigen Exzitationsspektrum (375 - 440 nm) zeigt in der klinischen Anwendung eine exzellente Bildqualität, mit dem Vorteil geringerer Kosten im Vergleich zu Lasersystemen. Hochgradige Dysplasien und infiltrierende Tumoren imponieren durch eine Verschiebung der Fluoreszenz vom grünen in den roten Bereich des sichtbaren Spektrums. Dies wird durch einen ausgeprägten Intensitätsverlust bei 515 nm bedingt. Die indirekte Autofluoreszenzlaryngoskopie (Abb. [ 2 ]) konnte die Spezifität der Untersuchung im Vergleich zur Weißlichtendoskopie (Abb. [ 1 ]) um 18 %, der Sensitivität um 6 % verbessern. Die mikrolaryngoskopische Autofluoreszenzendoskopie ermöglichte eine Unterscheidung zwischen maximal geringgradig dysplastischen Schleimhautveränderungen und obligaten Präkanzerosen mit einer Sensitivität von 97 % und einer Spezifität von 92 %. So konnten mit Hilfe der indirekten Autofluoreszenzendoskopie 12 %, mit Hilfe der direkten Autofluoreszenzendoskopie 6 % der Patienten (n = 109) mit malignitätsverdächtigen Schleimhautveränderungen bezüglich der endgültigen histologischen Diagnose besser eingeschätzt werden [ 3 ]. Die 5-Aminolävulinsäure-induzierte (ALA) Fluoreszenz (nach Inhalation von 0,6 % 5-ALA-NaCl-Lsg.) während der indirekten Laryngoskopie (Abb. [ 3 ]) zeigte sich gegenüber der indirekten Autofluoreszenzlaryngoskopie gleichwertig. In den Untersuchungen konnten alle invasiven Karzinome eindeutig erkannt werden. Obwohl mittels Autofluoreszenz das korrekte Ergebnis in 89 % und bei der 5-ALA-induzierten Fluoreszenz in 84 % nachgewiesen werden konnte, lag die Sensitivität der 5-ALA-induzierten Fluoreszenz bei 96 % gegenüber 94 % für die Autofluoreszenz (n = 72). Statistisch konnte kein signifikanter Unterschied beider Verfahren bezüglich der Erkennung von dysplastischen Veränderungen oder Karzinomen beobachtet werden. Beide Verfahren können gleichwertig im Rahmen der indirekten Laryngoskopie zur primären Tumordiagnostik eingesetzt werden, wobei die Autofluoreszenzendoskopie in wenigen Minuten ohne die Applikation von Medikamenten nur durch Knopfdruck während der indirekten Laryngoskopie durchgeführt werden kann. Dies scheint vor allem in der routinemäßigen Anwendung durch den niedergelassenen Hals-Nasen-Ohrenarzt von großem Vorteil zu sein. Im Gegensatz dazu zeigte die 5-ALA-induzierte Fluoreszenz eine bessere Sensitivität bei voroperierten Patienten mit Narben. Die Kompaktendoskopie vereint die Autofluoreszenz- sowie die Kontaktendoskopie [ 4 ] (Färbung der Mukosa mit 1 % Methylenblau) während der Mikrolaryngoskopie (Abb. [ 4 ]) in einem prätherapeutischen Untersuchungsgang. Hierbei leitet die Autofluoreszenzendoskopie die Kontaktendoskopie zu den interessanten Regionen. In 73 Fällen (88 %) korrespondierte das Resultat der Kompaktendoskopie mit der histopathologischen Diagnose [ 5 ]. In nahezu allen Fällen bestätigte die Kontaktendoskopie (Abb. [ 6 ]) die Autofluoreszenzdiagnostik (Abb. [ 5 ]) und war in der Lage dysplastische Läsionen weiter in mittel- oder höhergradig dysplastische Veränderungen zu unterscheiden. Eine Unterscheidung zwischen einem Carcinoma in situ und mikroinvasiven Karzinom konnte durch keines der endoskopischen bildgebenden Verfahren vorgenommen werden. Weiterhin zeigte die Auswertung der klinischen Relevanz in Abhängigkeit von der Erfahrung des Untersuchers, dass gerade unerfahrenere Kollegen ihre Einschätzung bezüglich der suspekten Schleimhautläsionen durch zusätzliche bildgebende Verfahren verbessern können. Diese neuen...