Persönlichkeitsstörungen in der ICD-11

Abstract
Das deutlich überarbeitete Persönlichkeitsstörungskonzept der ICD-11 eröffnet neue Perspektiven für die forensische Psychiatrie im Hinblick auf die Schuldfähigkeitsbegutachtung sowie die Therapieplanung und -prognose. Dabei übernehmen die allgemeinen Kriterien einer Persönlichkeitsstörung eine bedeutsamere Rolle in der Diagnostik. Außerdem erlaubt die Schweregradeinteilung im neuen dimensionalen Ansatz und die Bestimmung verschiedener, für die Funktionsbeeinträchtigungen besonders relevanter Persönlichkeitsdomänen eine nuancierte Beschreibung einer Persönlichkeitsstörung. Die differenzierte Diagnostik ermöglicht bei der Schuldfähigkeitsbegutachtung eine individuellere Abbildung von Defiziten, die einer exakteren Darstellung von Zusammenhängen zwischen psychosozialen Funktionsbeeinträchtigungen und Delikt zuträglich sein kann. Für die Behandlung von Persönlichkeitsstörungen gemäß der ICD-11-Aktualisierung werden Vorschläge aus der Psychotherapieforschung am Beispiel forensischer Adaptationen empirisch gestützter Therapieverfahren illustriert. Mithilfe eines Fallbeispiels werden die Konsequenzen des neuen Diagnosesystems im vorliegenden Artikel veranschaulicht.