Nutzung von Routinedaten aus Notaufnahmen zur Surveillance von Suizidversuchen und psychiatrischen Notfällen

Abstract
Zusammenfassung Hintergrund Die Häufigkeit von Suizidversuchen ist ein zentraler Indikator der psychischen Gesundheit der Bevölkerung und daher Gegenstand der Mental Health Surveillance am Robert Koch-Institut. Da bisher keine Datenquellen systematisch zur kontinuierlichen Erfassung von psychiatrischen Notfällen – zu denen Suizidversuche zählen – herangezogen werden, wird die Nutzung von Routinedaten aus Notaufnahmen zu diesem Zweck geprüft. Methoden Routinedaten aus 12 Notaufnahmen wurden für den Zeitraum 01.01.2018–28.03.2021 ausgewertet. Syndromdefinitionen für Suizidversuche, psychiatrische Notfälle und psychische Symptomatik wurden als Kombinationen aus Vorstellungsgründen und Diagnosen entwickelt. Fälle wurden alters- und geschlechtsspezifisch sowie im Zeitverlauf dargestellt. Ergebnisse Von insgesamt 1.516.883 Notaufnahmevorstellungen wurden 5133 (0,3 %) als Suizidversuche, 31.085 (2,1 %) als psychiatrische Notfälle und 34.230 (2,3 %) als Fälle mit einer psychischen Symptomatik identifiziert. 16,5 % der psychiatrischen Notfälle wurden so als Suizidversuch eingeschätzt. Unter den Suizidversuchen entfallen 53,4 % auf Männer und insgesamt 20,2 % auf die Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen. Alle 3 Syndromdefinitionen können über den gesamten Beobachtungszeitraum Fälle sowie deren zeitliche Variation abbilden. Fazit Notaufnahmedaten zeigen Potenzial zur syndromischen Surveillance von Suizidversuchen und psychiatrischen Notfällen und bieten damit einen Ausgangspunkt für weitere Validierung und Analyse. Die Abbildung von Veränderungen in Echtzeit erweitert die bisherigen Forschungsmöglichkeiten zu psychiatrischen Notfällen in Deutschland. Eine systematische Surveillance von Suizidversuchen kann zu einer evidenzbasierten Suizidprävention beitragen.
Funding Information
  • Robert Koch-Institut